Bischöfliches Gymnasium
Sankt Ursula
Geilenkirchen
Größere Gedenkveranstaltungen anlässlich der Reichspogromnacht am 09. November 1938 konnten in diesem Jahr leider nicht stattfinden. Dennoch kam es an St. Ursula zu einer besonderen „Begegnung“, die uns allen in Erinnerung ruft, dass wir das Geschehene nicht vergessen dürfen.
Lichtergang zum Synagogenplatz und zum jüdischen Friedhof, Besuche von Angehörigen ehemaliger jüdischer Geilenkirchener aus den USA, Stolpersteinputzaktion. Alle Veranstaltungen, die sich in den vergangenen Jahren bereits zu guten Traditionen entwickelt hatten, fielen in diesem Jahr leider der Pandemie und den mit ihr verbundenen Einschränkungen zum Opfer. Um die Erinnerung an die Geschehnisse des Jahres 1938 und an unsere ehemaligen jüdischen Bürger dennoch aufrechtzuerhalten, organisierte die „Initiative Erinnern Geilenkirchen“, der auch unsere Schule angehört, ein stilles Gedenken am Synagogenplatz. Kleine Abordnungen der Schulen und andere Geilenkirchener Bürger beteiligten sich, legten Blumen nieder und entzündeten Kerzen.
Darüber hinaus „besuchte“ uns an St. Ursula ein ganz besonderer Gast, der uns die persönliche Bedeutung der schrecklichen Geschehnisse vor 82 Jahren vor Augen führen konnte: Der Amerikaner Steve Cole, Sohn der Geilenkirchener Jüdin Ilse Dahl, die selbst Schülerin an St. Ursula war und der – im Gegensatz zu einem Großteil ihrer Familie – 1938 die Flucht in die USA gelang, hatte sich bereit erklärt, Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe Q1 in einer Videokonferenz vom Schicksal seiner Mutter zu berichten und die Fragen der Jugendlichen zu beantworten. Steve, der in Kansas City lebt, schon mehrere Male in Geilenkirchen zu Gast war und mit unserer Schule freundschaftlich verbunden ist, hatte zuvor selbst die Idee einer solchen Zusammenkunft geäußert.
Am frühen Nachmittag des 11. November (Ortszeit in Kansas City: 6.25 Uhr) war es dann soweit: Steve wurde über eine Video-Konferenz auf eine der digitalen Tafeln geschaltet und konnte so mit uns in Kontakt treten und seine Geschichte erzählen.
Die Schülerinnen und Schüler zeigten sich sehr interessiert am Schicksal der Familie Dahl-Cole und an Steves Erfahrungen und Einschätzungen. Neben einem vertieften Einblick in die Wahrnehmung der nationalsozialistischen Judenverfolgung aus der Perspektive des Nachfahrens einer persönlich Betroffenen kamen dabei auch der aktuelle Antisemitismus sowie die Wahlen in den USA und ihre Bedeutung für das Zusammenleben der Menschen dort zur Sprache.
Steves Botschaft war eindeutig: Die Verbrechen der Nationalsozialisten und das Schicksal der Juden dürfen nicht in Vergessenheit geraten, und es ist die Aufgabe von uns allen, jeder Form von Ausgrenzung und Diskriminierung aktiv entgegenzutreten.
Wir bewundern, wie offen Steve Cole vom Schicksal seiner Verwandten und von seinen ganz persönlichen Empfindungen berichtete, und sind ihm sehr dankbar, dass er uns nun schon zum wiederholten Male an seiner Familiengeschichte teilhaben ließ!