Impuls des Schulseelsorgers zum Pfingstwochenende: Der Traum vom Verstehen

Impuls (c) www.pixabay.com
Datum:
Do. 28. Mai 2020
Von:
Bernhard Kozikowski

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen! 
 
Die Lockerungen vom Lockdown lassen viele von uns ein bisschen aufatmen, Begegnungen werden - in aller Vorsicht wieder möglich, Freunde und Freundinnen sind nicht länger nur am Bildschirm sichtbar – und zumindest sporadische Stunden in der Schule finden statt. Dieses Bild: Die Menschen verlassen ihre Häuser und kommen wieder mehr zusammen – es erinnert mich an die Pfingsterzählung in der Apostelgeschichte (Apg 2): Der Geist Gottes wird für die  Menschen erfahrbar, als Sturmwind im Haus, als Feuer, das sich auf alle verteilt wie eine gemeinsame Erleuchtung, als großes Verstehen:  Jeder hört den anderen in seiner eigenen Sprache reden!  Der "Beistand", der Heilige Geist, kommt auf alle Menschen.  

Ist der Google-Übersetzer der Nachfolger des Heiligen Geistes? Ich halte die Kamera meines Smartphones auf einen Text, und die Worte werden sofort übersetzt, in fast beliebige Sprachen...! Mal abgesehen von den häufigen Fehlern, die sich da doch noch einschleichen:  Es wäre doch toll, wenn VERSTEHEN so einfach wäre, ein Klick und alles wird klar...  Aber: Sprachen übersetzen – das bedeutet noch nicht gleich "verstehen".  
Die Bibel ist ja in deutscher Sprache verfügbar - aber verstehen wir deshalb, worum es da wirklich geht? Eltern und Kinder, Lehrer und Schüler sprechen die gleiche Muttersprache – und trotzdem haben beide Seiten oft das Gefühl, sich nicht wirklich zu verstehen, aneinander vorbei zu reden, einfach nicht zu begreifen, was in dem anderen wirklich vor sich geht. In Konflikten werden Worte gewechselt, die missverstanden werden, es schwingt immer sehr viel mit, das letztlich ein Verstehen erschwert.  

Das Pfingstereignis in der Apostelgeschichte ist vor diesem Hintergrund mehr als eine alte Geschichte von Wind, Feuer und fremden Sprachen. Es erzählt von unserer Welt, wie sie sein kann und öfter sein könnte: Menschen mit ganz unterschiedlicher Herkunft, die in vielerlei Hinsicht verschieden sind – sie verstehen sich auf einer ganz tiefen Ebene, „in ihrer Muttersprache", obwohl sie „aus allen Völkern unter dem Himmel" stammen. Die Unterschiede werden nicht weggewischt, sondern überwunden, sie trennen nicht länger. Die Menschen verlieren ihre Angst voreinander und vor der unsicheren Zukunft. Hoffnung macht sich breit.

Die ersten Christen, die Jesus noch selber erlebt hatten, waren ja noch unsicher, ob Gott sie nun allein gelassen hatte. Viele hatten zwar die Gerüchte von der Auferstehung gehört, manche von dem Verschwinden Jesu in den Himmel (Christi Himmelfahrt), aber wie sollte es weiter gehen? War diese ganze Geschichte mit Jesus, mit seinen Taten und seinenr Botschaft am Ende doch eine riesengroße Pleite? Er war weg und seine Anhänger hatten Angst und waren ziemlich orientierungslos. Aber das Pfingstereignis bringt die Wende: Die Apostel verstehen und spüren, dass sie nicht allein gelassen werden, sondern dass Gottes Kraft im Heiligen Geist ihnen geschenkt ist, auch wenn der irdische Jesus ihren Blicken entzogen ist. Der Sturmwind dieses Geistes wirbelt sie gehörig durcheinander und löst die Erstarrung, von der sie befallen waren. Ein großes Verstehen breitet sich aus, man hört alle Menschen in ihrer Sprache „Gottes große Taten  verkünden." Die Menschen erinnern sich an all das Gute, das in ihrem Leben schon Wirklichkeit geworden ist und finden neue Kraft für die Zukunft. Sich Erinnern ist mehr als die Sehnsucht nach dem Alten, sondern ein Kraftschöpfen für das, was vor mir liegt - in dem Vertrauen, dass ich nicht allein bin in meinem Bemühen; dass Gott mir in seinem Geist wieder die Kraft gibt, Hindernisse zu überwinden und gute Wege für mich und meine Mitmenschen zu finden. 

Das passt, wie ich finde, gut zu den Herausforderungen in dieser Krise und der Hoffnung, die uns als Christinnen und Christen verbindet: Es wird eine gute Zukunft geben, vielleicht auf verschlungenen Wegen, mit Rückschritten und kleinen Fortschritten, aber in allem bleiben wir gehalten von Gottes Kraft, mit der Kraft seines Geistes in unserer Welt. 
Ich wünsche Euch frohe Pfingsten und Gottes Segen in Eurem Alltag!

Bernhard Kozikowski

 

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