Erinnern und Gedenken

Erinnern und Gedenken haben an St. Ursula nicht nur wegen der eigenen bewegten Vergangenheit eine große Bedeutung. Eine gelebte Erinnerungskultur gehört zum Selbstverständnis unserer Demokratie. Wir wollen dazu beitragen, dass sich unsere Schülerinnen und Schüler der Bedeutung der Geschichte für die Gegenwart bewusst werden. Deshalb bestehen an der Schule vielfältige Formen der Erinnerungsarbeit. Die Schülerinnen und Schüler nehmen dabei eine aktive Rolle ein und sind ein wichtiger Teil der mittlerweile in Geilenkirchen gelebten Erinnerungskultur. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus und die Schicksale der ehemaligen jüdischen Mitbürger der Stadt. Aber auch die regionale jüdische Geschichte vor dem Nationalsozialismus, die Geschichte der Schule und andere Ereignisse finden auf ganz unterschiedliche Weise im Unterricht und in Projekten Berücksichtigung.

Vor diesem Hintergrund beteiligen wir uns an der Arbeit der „Initiative Erinnern Geilenkirchen“, einem Zusammenschluss von Vertretern der Geilenkirchener Schulen, der Kommunalpolitik und der Kirchen, die sich für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in der Region Heinsberg/Geilenkirchen einsetzen.

Erinnern und Gedenken am Bischöflichen Gymnasium St. Ursula

Der 9. November markiert gleich mehrere Wendepunkte in der neueren deutschen Geschichte. Die entsprechenden Ereignisse (z.B. Reichspogromnacht 1938, Mauerfall 1989) werden zum einen im Geschichtsunterricht thematisiert. Im Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 organisiert die „Initiative Erinnern Geilenkirchen“ in Zusammenarbeit mit den beiden Kirchen zudem alljährlich eine Andacht, gefolgt von einem Lichtergang zum Synagogenplatz und zum jüdischen Friedhof. Alle Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern sind zu dieser Gedenkveranstaltung eingeladen. Beachten Sie dazu bitte die entsprechenden Aushänge Anfang November.

Lichtergang am 9. November (c) Kurt Sikora
Lichtergang am 9. November

In der jüngeren Vergangenheit wurden von Schülerinnen und Schülern unserer Schule unter Leitung verschiedener Geschichtslehrer wiederholt Ausstellungen konzipiert. Die Ausstellung „Zwischen Welten“ im Jahr 2013 thematisierte die jüdische Geschichte der Stadt Geilenkirchen bis zum Nationalsozialismus und zeigte auf, dass bis in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts eine große jüdische Gemeinschaft im Kreis lebte, die hier in der Region tief verwurzelt war. Die Ausstellung „Zwischen Krieg und Frieden. 70 Jahre Kriegsende in der Region Geilenkirchen“ im Jahr 2015 beschäftigte sich mit Auswirkungen und Folgen des Zweiten Weltkriegs. Im November 2021 gastierte die Wanderausstellung "We, The Six Million" bei uns an der Schule. Die Ausstellung wurde von Lehrenden und Studierenden der RWTH Aachen konzipiert und nimmt Lebensschicksale jüdischer Opfer des Nationalsozialismus im westlichen Rheinland in den Blick. Zuletzt war vom 06.11. bis zum 17.11.2023 die Ausstellung "Die Geilenkirchener Synagoge - Eine virtuelle Rekonstruktion" in der Aula zu sehen.
In allen Projekten arbeiteten verschiedene Schülergruppen monatelang an einer Sichtung und Aufarbeitung des umfangreichen Quellenmaterials und leisteten so wichtige Beiträge zur Dokumentation der Stadtgeschichte und zur historisch-politischen Bildung.

Steve Cole und Emily Loeb (Angehörige der Geilenkirchener Jüdin Ilse Dahl) mit Geschichtskursen unserer Oberstufe (c) Kurt Sikora
Steve Cole und Emily Loeb (Angehörige der Geilenkirchener Jüdin Ilse Dahl) mit Geschichtskursen unserer Oberstufe

Wiederholt kam es in den vergangenen Jahren zu Begegnungen von Holocaustopfern aus Geilenkirchen bzw. deren Nachkommen mit Schülerinnen und Schülern unserer Schule. Im Jahr 2014 besuchten die ehemaligen jüdischen Mitbürger Dina Friede, Meir Baum, Issachar Ilan und Kurt Gottschalk die Stadt und kamen mit verschiedenen Schülergruppen ins Gespräch. Sie berichteten dabei über das Leben in Geilenkirchen vor und im Nationalsozialismus, über Verfolgung und Vertreibung durch die Nationalsozialisten und schließlich über ihr heutiges Leben in Israel und den USA. Höhepunkt des Besuches war ein großes gemeinsames Konzert aus Musik-Ensembles der Geilenkirchener Schulen in unserer Aula.

Im Schuljahr 2018/2019 besuchten uns auf Vermittlung Karl Heinz Nierens (Experte für die jüdische Geschichte Geilenkirchens und Mitgründer der „Initiative Erinnern“) gleich zwei Familien aus den USA, deren jüdische Vorfahren (Ilse und Ruth Dahl) in den 1930er-Jahren selbst Schülerinnen an St. Ursula waren.

Nach mehreren digitalen Zusammenkünften während der Corona-Pandemie kam es zuletzt am Ende des Schuljahres 2021/2022 wieder zu einer Begegnung in der Schule: Carol Kleinman, Tochter von Ilse Dahl, sowie ihre Enkelin Anya schauten während ihrer Europa-Reise auch in Geilenkirchen vorbei und besuchten dabei das Gymnasium St. Ursula und die Klasse 9b.

Alle Begegnungen hinterließen bei den für die Gespräche ausgewählten Geschichtskursen nachhaltige Eindrücke.

Christel-und-Hermann-Wassen-Platz (c) Wolfgang Robertz

An der Zufahrt zur Schule, angrenzend an die Parkplätze vor dem Altbau, befindet sich der „Christel-und-Hermann-Wassen-Platz". Der Platz erinnert an die Geilenkirchener Bürger Christel und Hermann Wassen, die sich neben vielen weiteren Verdiensten besonders für die Aufarbeitung der jüdischen Vergangenheit der Stadt Geilenkirchen eingesetzt haben. Ausführliche Informationen (zusammengestellt von Karl-Heinz Nieren) finden sich unter folgendem Link:

"Nie Wieder!" ist jetzt (2023)

"Israel und jüdische Menschen sind auch rund 80 Jahre nach dem Holocaust Zielscheibe unerbittlichen und unversöhnlichen Hasses. Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder Angst um ihre Sicherheit haben, dass sie ihren Glauben nicht immer offen zeigen können, ohne Sorge vor Anfeindungen und Angriffen zu haben. 

Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, allen entgegenzutreten, die sich auf die Seite des Terrors stellen. „Nie wieder!“ ist jetzt – ohne Wenn und Aber."

(Quelle: Land NRW, 08. November 2023, https://www.land.nrw/niewiederistjetzt)

Der Schwesternfriedhof auf unserem Schulgelände (c) Bischöfliches Gymnasium St. Ursula
Der Schwesternfriedhof auf unserem Schulgelände

Ein Projekt, das im Schuljahr 2018/19 von Frau Oberthür ins Leben gerufen wurde, kümmert sich um die Erinnerung an die Ordensschwestern, die hier an St. Ursula gelebt und unterrichtet haben: Der Schwesternfriedhof, der sich auf dem Schulgelände befindet, erfährt nun regelmäßig eine dringend benötigte gärtnerische Pflege. Auch auf diese Weise soll die Erinnerung an die Ursulinen lebendig bleiben.

Seit 2014 finden sich im gesamten Stadtgebiet Stolpersteine, um an die ehemaligen jüdischen Mitbürger zu erinnern, die der nationalsozialistischen Verfolgung und Ermordung zum Opfer fielen. Koordiniert von der „Initiative Erinnern“ verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig in Geilenkirchen mittlerweile fast 100 solcher Steine. Die Verlegeaktionen wurden von den weiterführenden Schulen der Stadt mit Texten und Liedern begleitet. Auch Schülergruppen unserer Schule haben in der Vergangenheit Patenschaften für verschiedene Verlegestellen übernommen.

Einmal im Jahr organisieren wir zudem eine „Stolpersteinputzaktion“, bei der alle in der Stadt verlegten Steine von unseren Schülerinnen und Schülern poliert werden. Wir wollen auf diese Weise dazu beitragen, dass die Erinnerung an die Geilenkirchener Opfer des Nationalsozialismus nicht verblasst, und ein sichtbares Zeichen gegen das Vergessen und für ein friedliches Miteinander setzen.

Auf der Webseite und der dazugehörigen App "Stolpersteine NRW - Gegen das Vergessen" lassen sich alle in Geilenkirchen verlegten Steine sowie interessante Informationen, Bilder und Geschichten zu den vertriebenen Personen abrufen:

Erinnern und Gedenken spielen auch in anderen Projekten immer wieder eine Rolle. So wurden beispielsweise die jüdische Geschichte der Region sowie die Geschichte der Schule wiederholt in Facharbeiten und Beiträgen zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten aufgegriffen.