Renommierter Klimaforscher zu Gast am Bischöflichen Gymnasium Sankt Ursula Geilenkirchen: „Klima bewegt uns alle!“

Vortrag Professor Renn (c) Bischöfliches Gymnasium St. Ursula Geilenkirchen (Dominik Esser)
Datum:
Di. 17. Sep. 2019
Von:
Marie Henseler und Eileen Jansen (Schülerredaktion)

„Klima bewegt uns alle!“, ist einer der Sätze, mit denen Professor Renn, einst Mitglied der Ethikkommission der Kanzlerin, am Montagabend seinen Vortrag begann. Aber was können wir überhaupt tun, damit wir klimagerecht leben können? Und ist das überhaupt nötig? Zwar ist der Klimawandel wissenschaftlich bewiesen, dennoch leugnen immer noch viele diese bedrohliche Tatsache. Auch wenn es Initiativen wie Fridays for Future gibt, bewegt sich hinsichtlich des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit fast nichts, obwohl es doch eigentlich alle wollen. Unter diesem Thema stand die Rede des Professors, in der er finanzielle Unterstützung vom Staat forderte, damit es den Kommunen möglich werde, klimabewusst zu leben.

Kein Platz blieb frei

Vortrag Professor Renn (c) Bischöfliches Gymnasium St. Ursula Geilenkirchen (Dominik Esser)

Freie Plätze gab es am Montagabend in der Aula nicht mehr; Schülerinnen und Schüler, Lehrer, Lehrerinnen und Eltern waren gekommen, um dem ca. 45-minütigen Vortrag zuzuhören. Besonders auffällig war, dass zwar viele Schülerinnen und Schüler der höheren Jahrgangsstufen an der Veranstaltung teilnahmen und Fragen in einer Diskussionsrunde stellten, allerdings auch viele Eltern mit jüngeren Schüler*innen und Interessierte, die anderweitig von der Veranstaltung erfahren hatten, anwesend waren.

Nachdem die vielen Gäste Platz genommen hatten, eröffnete eine Schülergruppe den Abend mit einem selbstgeschriebenen Lied, bei dessen Entstehung sie von den Musiklehrerinnen Frau Sent und Frau Fühner unterstützt worden waren. In ihm ging es auch um den Klimawandel und mögliche Konsequenzen. Unser Schulleiter Herr Pallaske begrüßte Professor Renn mit einer Ansprache, in der er berichtete, dass sich am Ende der Woche das Klimakabinett der Regierung trifft, um zu beschließen, wie unsere Welt weiterhin mit dem Problem des Klimawandels umgehen wird und was wir tun können, um unserem Planeten zu helfen.

„Noch können wir dem Klimawandel entgegenwirken!“

Vortrag Professor Renn (c) Bischöfliches Gymnasium St. Ursula Geilenkirchen (Dominik Esser)

„Der Dinge bewusst werden“, ist für Professor Renn dazu ein wichtiger Anfang. Wir müssen lernen, uns nicht hinter Ausreden wie „Einmal ist ja nicht so schlimm“ zu verstecken, wenn es beispielsweise um die Nutzung von Flugzeugen geht, oder „Was soll ich denn schon als einzelne Person tun?“ Zudem ist der Professor davon überzeugt, dass „ein nachhaltiger Lebensstil eine qualitativ hochwertigere Lebensweise sein kann“. Er selbst habe schon von mehreren Personen gehört, dass ihre Lebensqualität durch erholsames Fahrradfahren zur Arbeit oder zur Schule bereichert werde. Auch die Ernährung sei ein wichtiger Faktor, der dem Klimawandel entgegenwirken könne. Besonders durch Massentierhaltung gelangen Treibhausgase wie Methan und CO2 in die Erdatmosphäre, wodurch der Klimawandel gefördert wird. Deshalb empfiehlt der Professor etwa, sich weniger von Fleisch zu ernähren.

„Deutschland wird mit häufigeren Naturgefahren zurechtkommen. In vielen Regionen wird in Zukunft jedoch fast kein Leben mehr möglich sein.“

Lange Zeit haben wir keine starken Auswirkungen hinsichtlich des Klimawandels gemerkt. „Wir können den Klimawandel nicht steuern. Der Golfstrom (Meeresströmung im Atlantik) kann sich jederzeit verlangsamen oder gar ganz ausfallen, wodurch ein extremer Temperatursturz auftreten wird. Sobald der ,Tipping Point‘, also der Punkt, an dem ‚das Fass überläuft‘ erreicht ist, ist mit unvorhersehbaren Auswirkungen auf unser Klima zu rechnen. Selbst bei sofortiger Nullemission bräuchte man 75 Jahre, damit die Auswirkungen des Klimawandels langsam zurückgehen.“

„Sie müssen nicht für etwas klatschen, das sie selbst nicht einhalten.“

Vortrag Professor Renn (c) Bischöfliches Gymnasium St. Ursula Geilenkirchen (Dominik Esser)

Auch in der Fragerunde ging Klimaforscher Professor Renn kritisch mit seinem Publikum um; seine Kommentare regten jedoch stets zum Schmunzeln an, auch weil er sich selbst als Klimasünder betitelte: „Heute bin ich zum Beispiel mit dem Flugzeug hier, das war nicht anders möglich, weil ich von einem Termin komme und sonst nicht hätte hier sein können; das kann ich aber natürlich auch nicht gutheißen.“ Lösungen forderten vor allem die Schülerinnen und Schüler. Das CO2 wieder aus der Atmosphäre zu holen sei technisch schwierig, und die Auswirkungen noch unvorhersehbarer. Deshalb sollten wir den Ausstoß minimieren; trotzdem sei in vielen Ländern weiter ein Anstieg zu verzeichnen, sagt der Professor; ,,in Deutschland stagniert der CO2-Ausstoß zumindest, das hat allerdings auch andere Gründe". Neben dem Hinweis auf den zu großen Fleischkonsum gab es gegen Ende der Runde noch eine Zusammenfassung der Klimatipps für zu Hause: grünen Strom bestellen, digitale Thermostate, leichte Autos mit wenig PS, Hausisolierung. „Insgesamt muss es ein Zusammenspiel von Lebensstil und Technik sein“, so kann unserer Erde und uns noch geholfen werden.  

Stimmen:

„Die Aula war sehr gut besetzt, viele Leute sind gekommen, es gab einen interessanten Vortrag und eine wirklich tolle Diskussion mit vielen Wortmeldungen. Das lief alles flüssig und richtig gut.“ (Justin Hens, Schüler der Q1)

„Die Veranstaltung war sehr interessant und gerade vor dem Hintergrund ,Warum bewegt sich so wenig, obwohl alle wollen?‘ zeigte sich sowohl im Vortrag als auch in der sich anschließenden Fragerunde, dass wirklich jeder individuell – oft schon mit ,Kleinigkeiten‘ – zu den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit beitragen kann und man sich nicht am Handeln anderer orientieren darf. Besonders gefallen hat mir, dass Prof. Renn kein stringenter Befürworter von Verboten ist und unter anderem die Politik in der Verantwortung sieht, nicht nur Anreize zum Verzicht auf z. B. die Nutzung von Autos zu schaffen, sondern den Menschen erst einmal infrastrukturell Möglichkeiten zu bieten (nicht nur in Großstädten, sondern gerade auch im ländlichen Raum), bei einem akzeptablen Zeitansatz überhaupt mit dem ÖPNV die Ziele, ob beruflich oder privat, zu erreichen. Denn viele Menschen haben aktuell kaum eine Alternative zur Nutzung des Autos. Durch die von Prof. Renn vorgetragenen, sehr anschaulich erklärten Denkansätze hoffe ich, dass viele Menschen nicht nur schauen, was andere machen, bevor sie selber handeln. Ich für meinen Teil werde mich jedenfalls nicht mehr an anderen orientieren und versuche bewusster so einiges von dem Gehörten für mich umzusetzen.“ (Ralph Dechêne, Vater)

„Mich hat sehr mitgenommen, dass da jemand gerufen hat, den Klimawandel gebe es nicht. Ich finde gut, dass er sich das getraut hat. Ich glaube aber, dass er eher unrecht hat.“ (Felix Hößelbarth, Schüler der Klasse 5)

„Der Vortrag war gut strukturiert, klar und nachvollziehbar. Bei der Diskussion hat er manchmal etwas drumherum geredet; etwa hätte ich mir bei den E-Autos mehr Tiefe erhofft.“ (Andrea Beckers, Schülerin der Q2)

„Ich fand den Abend sehr gut und informativ. Gerade der Vortrag war eine tolle Sache, auch als Weiterbildung oder für eine fundierte Grundbildung, auch für wenig Interessierte in Sachen Klimaschutz war gerade die Fragerunde sehr aufschlussreich. Beispielsweise die Frage nach den Auswirkungen von gerade mal 0,038% CO2 in der Atmosphäre zu entkräften; dazu muss man sich besonders gut auskennen.” (Joshi Hagen, Schüler der Q1)

„Der Vortrag war gut. Es ist schon wichtig, dass jeder für sich etwas verändert, der große Wurf geht aber nur mit der Politik. Ein Fakt, den jeder mitgenommen haben sollte, ist, dass Menschen, die klimabewusst leben, auch eine bessere Lebensqualität haben. Das wurde auch im Vortrag und in der Diskussion sehr anschaulich dargestellt.” (Robert Jansen, ständiger Vertreter des Schulleiters)

„Der Vortrag war plausibel. Vor allem die vier Argumente, warum wir nichts tun, haben mir gefallen. Den Golfstrom als Tipping-Point anzubringen, fand ich als Geographin nicht gut, da hätte ich ein anderes Beispiel genommen, das klarer und fundierter ist. In seinem Vortrag hat Professor Renn eine unglaubliche Ruhe ausgestrahlt, auch im Umgang mit Klimaleugnern. Wenn ich den Begriff benutzen darf, war er manchmal auch etwas zu fraternisierend, es fehlte also ab und zu die Distanz zur Wissenschaft. Aber es war sehr verständlich, und ich fand es toll, dass so viele Schülerinnen und Schüler so intensiv zugehört haben. Viele forderten Lösungen, es ging aber nicht um Lösungen, sondern um die Frage ,Warum tun wir nichts?', und das war die Lösung. Wenn wir verstehen, warum wir nichts tun, dann passiert auch was.“ (Ruth Oberthür, Lehrerin)

„Die Veranstaltung war hervorragend. Herr Prof. Renn hat sehr gekonnt zwei Dinge verbunden, die sich nicht immer gut vereinen lassen: Das Vermitteln neuer Erkenntnisse und das kurzweilige Unterhalten einer großen Zuhörerschaft. Er hat die großen Fragen sehr strukturiert dargestellt und am Ende seines Vortrags auf einige zentrale Probleme zurückgeführt, etwa sehr plastisch das Allmende-Dilemma erläutert und die Unterschiede zu dem damaligen FCKW-Problem. Beeindruckend war auch sein routinierter und sympathischer Umgang mit kritischen, zum Teil sogar aggressiven Nachfragen aus dem Plenum; er antwortete sehr respektvoll und mit wohltuender Sachlichkeit. Alles in allem ein sehr gelungener Abend!“ (Dr. Roland Henzler, Vater und 1. Vorsitzender des Fördervereins)

„Ich sehe den Vortrag zweigeteilt. Die Informationen waren gut, aber die Lösungsvorschläge fehlten. Natürlich ist das schwierig, und vieles wusste man auch schon. Aber ich wollte noch deutlicher wissen, was man tun kann, was wir tun können, gerade von jemandem, der so tiefe Einblicke hat.“ (Lukas Jansen, Schüler der Q2)

„Es war sehr anregend, aber auch frustrierend, weil Lösungen fehlten.“ (Peter Reifferscheidt, Lehrer)

„Ich hab daraus mitgenommen, dass er das noch mal mit dem Treibhauseffekt erklärt hat. Ich habe verstanden, wir können auch etwas für das Klima tun; wir müssen etwas tun. Es sollte zum Beispiel nicht jeder für nur einen Kilometer das Auto nehmen, man sollte mehr mit dem Fahrrad fahren.“  (Mattheo Dechêne, Schüler der Klasse 5)

„Ich fand den Vortrag sehr spannend; er hat seinen Standpunkt gut vorgetragen, ist aber nicht immer auf alle Fragen eingegangen.“ (Gerrit Nießen, Schüler der Q2)

„Wissenschaftliche Informationen wurden verständlich mit guten Beispielen erläutert. Erfreulich war, dass es so viele Fragen gab. Vielleicht hätte man vorher auch etwa Fragen der Schüler bündeln können, da er sich für jede Antwort Zeit genommen hat und sehr ausführlich war. Ich denke, der Vortrag hätte bestimmt noch eine Stunde dauern können, was aber ja auch ein positives Zeichen ist. Zwei Fragen hätten mich dennoch interessiert: ,Wann sieht er den Tipping-Point?’ und ,Steht er der Regierung noch zur Verfügung; arbeiten Politik und Wissenschaft bei wichtigen Entscheidungen zusammen?’ Für Folgediskussionen gibt es also noch Potential.” (Anneliese Seedorf, Lehrerin)

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