„Nathan der Weise“, „Unter der Drachenwand“ und „Der Trafikant“: Lektürehilfen für die kommenden Abiturjahrgänge stehen zum Download bereit

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Datum:
Di. 23. Juni 2020
Von:
Bernward Coers und Dominik Esser

„Dass der 2012 erschienene Roman des österreichischen Schriftstellers Robert Seethaler von 2022 an zu den Prüfungsthemen des nordrhein-westfälischen Zentralabiturs im Fach Deutsch gehört, ist ein Glücksgriff des Schulministeriums.“ So leitet Bernward Coers seinen Deutungsansatz zu Seethalers „Der Trafikant“ ein. Vorangestellt ist eine strukturierte und detaillierte Zusammenfassung der gesamten Romanhandlung, wie Coers sie bereits im April dieses Jahres für den Roman „Unter der Drachenwand“ von Arno Geiger angefertigt hatte.

Die Texte werden im Grundkurs („Der Trafikant“) und Leistungskurs („Unter der Drachenwand“) in den kommenden beiden Schuljahren im Fach Deutsch in der Oberstufe unterrichtet, somit werden sie auch im Jahr 2022 für die Abiturprüfungen relevant. Die Vorbereitungen von Bernward Coers werden Schülerinnen und Schülern sowie Kolleginnen und Kollegen bei jeder Orientierung oder Auseinandersetzung mit den Texten im Unterricht oder zuhause eine Hilfe sein. Herzlichen Dank dafür!

Eine ganz aktuelle Hilfe stellt Coers‘ Materialsammlung zu Lessings Drama „Nathan der Weise“ dar. Einen unterstützenden Vortrag von Bernward Coers in der Aula unserer Schule wird es dazu leider aufgrund der Hygienemaßnahmen in diesem Jahr nicht geben. Da das Drama von Grund- und Leistungskursen in den Sommerferien allerdings gelesen wird, ist der Download der Arbeitshilfen in diesem Jahr besonders zu empfehlen. 

Auszug aus Coers' neuen Ausführungen zu Seethalers „Der Trafikant“

Dass sich der gelehrte, weltberühmte Begründer der Psychoanalyse, der 81-jährige Professor Sigmund Freud mit einem naiven Trafikantenlehrling abgibt und aus ihrer Bekanntschaft geradezu eine Freundschaft entsteht, erscheint auf den ersten Blick als wenig glaubwürdig, zumindest aber als unwahrscheinlich. Doch der Autor Seethaler erzählt ihre erste Begegnung und die Entwicklung ihrer Beziehung so geschickt, amüsant, unkompliziert und menschlich nachvollziehbar, dass es ihm überzeugend gelingt, an dieser Beziehung Franz‘ Persönlichkeitsentwicklung, die Prinzipien der Psychoanalyse, Sigmund Freuds Situation als Jude im Besonderen und die zunehmend gefährlicher werdende Lage der Juden in Wien der Nazi-Zeit im Allgemeinen darzustellen. Franz sieht Freud zum ersten Mal als Zigarrenkäufer in Trsnjeks Trafik und trägt ihm, der ihm namentlich als „Deppendoktor“ bekannt ist, seinen vergessenen Hut hinterher; da Freud in der Nähe der Trafik wohnt, begleitet er den Professor bis zu dessen Haus. Dass Franz weiterhin die Nähe des Professors sucht und auch Freud sich auf die Spaziergänge und Gespräche mit dem „Bub“ freut, liegt offenkundig daran, dass ihre Beziehung für beide gewinnbringend ist: Franz kann dem Professor sein Liebesleid mit Anezka und seine Lebensfragen vortragen und lernt, dass es auf ihn selbst ankommt, sein Leben und seine Probleme zu meistern. Freud erfährt Ablenkung von der oft frustrierenden Tätigkeit als Psychoanalytiker (z.B. mit der hysterischen, in ihre Sahnetorten verliebten Mrs. Buccleton), wenn ihm bewusst wird, dass er als Seelenarzt eigentlich gar nicht helfen kann; auch kann er sich zusammen mit Franz eine gewisse Ablenkung von den Bedrängnissen der politischen Lage verschaffen und ihm gegenüber z.B. seinen Zorn über die erzwungene bevorstehende Emigration nach London äußern: „Warum um alles in der Welt darf der (ein Weberknecht/Spinne in Freuds Zimmer) hierbleiben, während ich, der weltberühmte Begründer der Psychoanalyse, gehen muss!“ (S. 224) Obwohl Franz vom Leben kaum Ahnung hat, ist der Professor doch oft von dessen Hellsichtigkeit und Einsichtsvermögen verblüfft, insbesondere dann, wenn der Bub dem Professor die Grenzen seiner Kunst als Seelenarzt aufzeigt."

„Der Trafikant“ wurde im Jahr 2018 verfilmt.